WILLKOMMEN IN RABU!
RaBuMania – Karneval der Extreme! 68. Saison

Die Geschichte des Narrengerichts

Dass die Geburtsstunde des Narrengerichts am 28.Februar 1960 in der Börse geschlagen hat, dürfte für viele Radeburger Karnevalisten zum Grundwissen gehören. Doch wo fand es in späteren Jahren statt? Wie viele Richter gab es bisher? Fand es immer in Radeburg statt? Seit wann hat es seine Heimat im Megazelt auf dem Marktplatz? Um alle Fragen zu beantworten und alle Anekdoten zu erzählen, müsste man Bücher schreiben. Weil wir aber trotzdem einen kleinen Einblick in 60 Jahre Narrengericht geben wollen haben wir für euch in verstaubten Mottenkisten, verblichenen Erinnerungen und alten Alben gekramt.

Ein Bischof aus Rabu

Oberrichter Achim Patzig war eine gewisse Zeit die Gallionsfigur des Narrengerichts in den stürmischen 20ern und 30ern der DDR. Mit an Deck: Gottfried Hohlfeld, Klaus Bellmann, Siggi Dobbert und Heinz „Flitzi“ Ziller. Allesamt ausgemachte Schlitzohren vor dem Herrn.
Heinz Ziller beispielsweise. Kettenraucher Marke HardCore und sowas wie Zigaretten-Attaché für Bulgartabak in der Yenidze. Im Narrengericht als Kassenwart tätig und damit auch Umzugsteilnehmer, genoss er das Bad in der Menge. In seiner Begeisterung über den Jubel ringsherum war er während des Umzugs vom Narrengerichtsfahrzeug unsanft abgestiegen, so dass er mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden musste. Im vollen Narrenrichter-Ornat und mit beeindruckender Gesichtsbemalung. Besorgt und verwirrt zugleich näherte sich das Schwesternpersonal dem Notfall. Offensichtlich ein Geistlicher, zumindest ein frommer Mann. Das war selten, dass ein Priester mitten aus der Sonntagspredigt zur Notaufnahme kam.
Herr Pfarrer! Ehrwürden! Welcher Tag ist heute? Wie lautet das oberste Gebot? Eine Frage, die typisch für die damals verheidete Jugend war? Keine Ahnung! Aus dem schwarzen Talar drang nur ein unverständliches Murmeln und Wortfetzen. Es klang bald wie „kamsch ni droff“ oder gar wie „Bischof“? Die Schwestern liefen kreuz und quer und hin und her. Jede wollte dem Manne Gottes etwas Gutes tun:

Melissentee, Kühlpads, Hepatrombsalbe, Mund-zu-Mund-Beatmung etc., etc. Als sie zwecks Untersuchung mit der Gesichtssäuberung begannen und ihre Mulltücher fantasievolle Zebrastreifen auf Stirn und Wangen hinterließen, da schlugen die älteren schon mal vor Bauch und Brust ein Kreuz. Die jüngeren von ihnen (die mit Westfernsehen) mochten wohl an einschlägige Fantasy-Stories gedacht haben. Verführt von so viel Aufmerksamkeit blieb Seine Geistlichkeit noch eine angemessene Weile etwas verstört, bis es ihr geraten erschien, sich als ganz und gar irdisches Rabu-Faschingsopfer zu outen. Groß war die Freude, als Flitzi sich wieder im Amtsbruder-Team einfand mit Zertifikat vom Krankenhaus auf dem, in Doktorschrift geschrieben, kaum leserlich stand: Bagatellfall und (durchgestrichen) Bischof von Rabu. So oder ähnlich hat sich dieser Vorfall ereignet. Es sei jedoch angemerkt, dass auch noch andere Darstellungen dieses Ereignisses auf dem Markt kursieren, kürzere, längere, epische, protokollarische etc. Aber Achtung! Vor unechten Zeugen wird gewarnt.

Ra-bu!, HoRi

Vollopfer Narrenrichter

Vom lieben Gott wissen wir, dass er a) die Kinder und die Betrunkenen schützt und b), dass er aus einer Rippe des Adam eine Frau, die Eva, gemacht hat. Wäre er nicht so ungeduldig gewesen, hätte er etwas später die Möglichkeit gehabt, aus nicht weniger als sieben Rippen eines einzigen Narrenrichters sieben Frauen, sagen wir mal sieben Brigitten zu machen. Chance verpasst. Egal. Ein Zusammenhang zwischen a) und b) ergibt sich erst, wenn man weiß, dass es sich auch hier konkret um eine Narrenrichterpersönlichkeit handelt und zwar mit einer überaus schillernden Faschingskarriere. Ausgangspunkt derselben waren die ausgedehnten Kiefernwälder der Radeburger-Königsbrücker Heide, die als Fortpflanzungsort für wohlgestaltete KIMHühner wie auch unzähliger Legehennen diente, an deren positiver Entwicklung unser Held  maßgeblichen Anteil hatte. In diesem Eier-Hauptquartier entwickelte er all sein Rüstzeug, um später komplexere Aufgaben, z. B. als Prinz, Elferrat etc. zu bewältigen. Wohin übersteigerter Opfermut führen kann,  demonstrierte er bereitwillig am eigenen Körper. Eigentlich eine Routinezeremonie für ihn, doch welche Folgen! Eine Ordensübergabe der Stufe 3c, tausendmal durchgeführt, tausendmal nix passiert! Mit Kissen zwar, aber ohne Kniefall etc. etc., eine Hymne vielleicht noch und danach Heimfahrt vom Heroldstein mit dem Fahrrad auf der Eichenstraße. Die aber ging los! Abschüssiges Gelände, verfluchte Serpentinen. Das wertvolle Ordenskissen fest umklammert. Warum werden die Zäune immer größer? Ja nur das Kissen festhalten, nicht verlieren, nicht zerkratzen! Rums! Stille. Dann das Übliche: Krankenhaus, Diagnose, Katastrophe: 7 Rippen und was weiß der Teufel noch. Lachen verboten, 7 Wochen lang! Aber zum Glück gerettet – das Ordenskissen. So wurde die Närrische Justiz auf dieses Beispiel von Vollopfer des närrischen Brauchtums aufmerksam. Von da an war sein Platz an der großen Richtertafel, um mit Paragraphen zu jonglieren, Verwirrung zu stiften, heiße Kohlen aus dem Feuer zu holen. „Plus ist Plus und Minus ist rot“, so oder ähnlich lautete eine seiner Erfolgsformeln. Er selbst wird am besten wissen, was an dieser Episode stimmt und was über- oder untertrieben ist. Fragen wir ihn!

Ra-bu! HoRi